Homedrinking is killing Gastwirt

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Der Spruch auf dem Schild in diesem Foto ist ein Beispiel für ein Meme, also ein Internetwitz, der während seiner Verbreitung immer wieder verändert wird – bevor es das Phänomen, das dahintersteckt, überhaupt gab. Ein analoges Meme sozusagen, genau so analog wie die Geschichte dahinter…

Begonnen hat alles Anfang der Achtziger. “Homedrinking is killing Gastwirt” ist eine Verballhornung von “Home taping is killing music”. Geprägt wurde der Satz vor 30 Jahren im Rahmen einer Kampagne der britischen Musikindustrie. Dazu gab es ein markiges Logo mit gekreuzten Knochen und dem Zusatz “And it’s illegal”. Man fürchtete, dass die gerade zu erschwinglichen Preisen auf den Markt gekommenen analogen Musikcassetten und die dazugehörenden Recorder die Menschen davon abhalten würden, Schallplatten zu kaufen und in der Folge die Musikindustrie einen schlimmen Tod sterben würde. Bekanntermaßen ist das nicht geschehen. In Deutschland und einigen anderen Ländern reagierte man mit einer Abgabe auf Leercassetten und bestimmte Geräte, die über einen bestimmten Schlüssel über die Verwertungsgesellschaften an die Urheber verteilt wurde.

Ein bisschen erinnert die Drohung der Musikindustrie bereits an die heutigen Abschreckungskampagnen gegen illegale Downloads. Hätte man damals schon gewusst, welche Herausforderungen nur wenige Jahrzehnte später das Internet zum Thema Vergütung von künstlerischer Leistung mit sich bringen würde – vermutlich wäre sofort ein Gesetz zum Verbot von Leercassetten erlassen worden. Stattdessen nahmen die Leute fröhlich ihre Tapes auf. Wer einen Song in guter Tonqualität, vollständig mit Anfang und Ende, ohne An- oder Abmoderation eines Radio-DJs haben wollte, kaufte die Schallplatte wenn es irgendwie ging trotzdem.

Die Warnung der Musikindustrie, die als Aufdruck auf der Innenhülle viele Platten zierte, blieb im Raum und wurde über die Jahre in den verschiedensten Zusammenhängen aufgegriffen, nicht nur im Zusammenhang mit Urheberrecht und Kopien. Auf dem Scheitelpunkt der Meme-Welle hätte Twitter – wäre es schon erfunden gewesen – viele weitere lustige Variationen produziert. Auch ohne Internet etablierten sich “Music industry is killing music”, “DRM is killing music – and it’s a rip off”, “Home cooking is killing the restaurant industry – and it’s tasty”. Beliebt ist auch “Home sewing is killing fashion”, mit niedlichem Logo einer gefährlichen Nähmaschine.  Aber “Home drinking is killing Gastwirt” ist auch sehr schön. But it’s less fun!

Gastwirtschutzzonenschild gesehen in einer Kneipe in St. Pauli.

Text: Katharina Frier-Obad
Foto: Corinna Wodrich

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